In der Sendung vom 5.12.2017 war Stephan Ziron zu Gast bei Herzblut Freie Szene. Wir redeten über die Wintersaison für Künstler in der FreieSzene, das Kriminal-Dinner, Impromusik-Projekte, das Impromusikercamp und einiges mehr. Stephan Ziron ist Musiker, Impromusiker und Improtheaterspieler bei Paternoster in Berlin, gibt Musik- und Improtheater-Workshops und betreibt mit seiner Frau das Klubhaus Lüchfeld. Stephan ist ein aktiver Blogschreiber und Podcaster.
Nächste Sendung: Dienstag, 2. Januar 2018 18 - 19 Uhr
Colaboradio im Pi Radio-Verbund
Berlin UKW 88,4 MHz und Potsdam UKW 90.7 MHz
Stream: colaboradio.de
Alle bisherigen Sendungen von Herzblut Freie Szene
Ihr findet uns auf Facebook facebook.com/HerzblutFreieSzene
Dogville - dieser meisterhafte und eigenwillige Film von Lars von Trier bietet eine Kulisse, die improgeeignet und ebenso alleinstehend ist. Auf Initiative von unserem Musiker Dirk Geier ergab eine tolle Format-Zusammenarbeit von den Improbanden und Improvisionären.
Beim Design - wie oben zu sehen - orientierte ich mich am Film. Der Kern des Formats - die auf dem Boden gezeichnete Stadt wurde das Hauptmotiv. Die verwendeten Fonts sind wie beim Filmplakat Glaser Stencil und Trebuchet. Und damit animierte ich diesen Trailer mit der Musik von Dirk, der auch für Dornroses Rache verantwortlich ist.
Organic gehört zu der Vielzahl verschiedener Group Openings für den Harold. Auch das Ziel des Group Openings war hier schon Thema im Blog.
Das Organic ist gar nicht so einfach zu beschreiben. Aber es gibt ja YouTube und hier hilft das sehr. Organic ist eine Art Freiform unter den Openings und die Ideen sollen sich eben organisch auseinander entwickeln. Erlaubt ist alles, was nicht szenisch bzw. ein Dialog ist - Sprache als Statements und Beschreibung, physische Darstellungen, Kurzform-Games, Tanz, was auch immer. Deshalb grenzen wir es hier mal etwas ein und schauen uns drei relativ vergleichbare Organic Openings an:
Dogs auf der unteren Cabaret Stage im ehemaligen iO Chicago in der N. Clark Street mit der Vorgabe "Ginger" (das Opening geht bis 4:40 min). Continue Reading
Eine der grundlegenden Stilmittel beim Improtheater ist das agieren Zug um Zug - ein Schritt nach dem nächsten und immer abwechselnd. Ob Streit oder konfliktfreie Szene, die Anteile sind in etwa ausgewogen, die Sprache bezieht sich aufeinander. Aber es gibt da natürlich mehr.
Zwei Genre, die in letzter Zeit besser kennenlernte, tretem dem entgegen und überraschten mich. Denn ich hatte die Infragestellung dieses Kommunikationsverhaltens bisher gar nicht in Erwägung gezogen. Und doch stellen sie sehr effektive Wege da, Spannung und dramatische Momente zu entwickeln.
Der Schwede Lars Norén ist hier nicht so bekannt, in seinem Heimatland gilt sein Name wie ein Gattungsbegriff. Er steht für die dysfunktionale Familie, denn darum drehen sich viele seine Bühnenstücke. Das schwedische Sprichwort "Ich hatte Norén-Feiertage" steht synony für grauenhafte Weihnachten mit der Familie.
Stockholms Improvisationsteater hat Elemente entwickelt, den Stil Noréns in eine Improshow zu bringen - und tuen das seit vielen Jahren regelmäßig. Außerhalb Schwedens nennen sie ihr Format "Stockholm Syndrom". Viel davon geht unseren gelernten Kommunikationsformen entgegen.
Dies sind einige Stilmittel, die Stockholms Improvisationsteater nutzen:
- auf den Gesprächspartner versetzt erst nach 5-6 Sätzen zu reagieren
- 2 Sätze Belanglosigkeiten äußern, der 3 Satz sehr persönlich
- in 3er Szenen eine Person komplett ignorieren
- unerwartet einen Monolog über Belangloses beginnen, und sich ggf. d
- mit plötzlichen drastischen Worten die Aufmerksamkeit erobern
Der Effekt dieser in großer Ruhe gespielten Szenen ist enorm. Es tut als Zuschauer schon fast weh, wie sehr sie aneinander Vorbeikommunizieren und trotzdem die Spannung halten.
Der russische Schriftsteller Anton Pawlowitsch Tschechow hat in seinen Bühnenstücken ebenfalls eine eigenwillige Art der Kommunikation. Für den Berliner Impro Marathon leitete Dan Richter von Foxy Freestyle eine Genre-Show an.
Stilmittel, die wir in der Show verwendet haben:
- das Gegenteil tun von dem was wir sagen ("Wir gehen jetzt hoch" und keine Anstalten machen loszugehen)
- auf den anderen in einer Antwort zwar eingehen, aber letztlich wieder bei der eigenen Ausgangsaussage landen
- viel mehr Raum einnehmen mit einem Monolog und überproportional Zeit beanspruchen
- in einer Szene sein und lange Zeit gar nichts sagen
- in der Vergangenheit schwelgen oder in Zukunftsplänen, aber nie im hier und jetzt sein
Vieles dreht sich bei Tschechow darum, sich eben nicht zu bewegen oder zu verändern. Und dieses Statische hat sowohl Kraft wie auch Humor ... aber auch Längen.
Diese Werkzeuge sind spannend, nicht nur in Genre-Shows. Sie schärfen die Wahrnehmung auf die Form ebenso wie auf den Inhalt. Sie reichern das Repertoir der Möglichkeiten an. Allerdings ist das tatsächlich etwas, was trainiert werden muß - denn sonst fühlt sich das für das ungeübte Improauge wie ein Block an.
Beim Berliner Impro Marathon (BIM) hatte ich die große Freude, ein Genre anleiten zu dürfen. Es sollte eine Stunde im Stil von Game of Thrones werden. Der Cast von 11 Spieler*innen kam aus ganz unterschiedlichen Gruppen, und wir hatten nur einen Trainingstermin davor. Das bedeutet, die Komplexität des Formates stark einzudämmen - eigentlich. Ich wählte allerdings hierfür die Form des Harolds. Und trotz der Herangehensweise weniger Plot zu spielen und sich viel Zeit zu lassen, kommt in einer Stunde schon recht viel an Information zusammen. Dazu lief das Format in Stunde 8 des Marathons von 1 bis 2 Uhr nachts - und das ist dann schon in dem Bereich, wo volle Konzentration nicht das leichteste ist.
So trafen wir die Entscheidung, ein wenig den Plots mitzuschreiben - Namen, Orte und ggf. signifikante Punkte des jeweiligen Erzählstranges. Es kann sehr kurz sein, das reicht zum Erinnern. Und ich spielte ja auch mit, so das ich das zeitökonomisch handhaben wollte. Große Schrift ist übrigens hilfreich.
Wir stellten die Tafel sichtbar und transparent für die Zuschauer an den Bühnenhintergrund. Damit lenkte es weniger ab, denn sie mußten sich nicht fragen, was da jemand schreibt. Das half in der Tat sehr, die einzelnen Fäden zusammenzuhalten. Das Spiel wurde im vergleich zur Probe sichtbar flüssiger.
Sicher kann es auch trainiert werden, sich alles zu merken. Nach der Ausbildung am iO fällt mir das nicht mehr so schwer, denn dort ist das ein zentraler Punkt. Ich finde es auch für kontrolliertere Umstände als jetzt beim BIM durchaus probat, sich dieses Hilfsmittels zu bedienen. Denn wenn diese Merkhilfe mit dem Publikum geteilt ist, profitieren beide Seiten davon.
Foto: Dominik Schaefer
Ich wurde nach einem kleinen Beitrag für die Ausgabe November 2016 des alverde-Magazins gefragt. In der Rubrik "Neu entdecken" erschienen dann diese kurzen und von der Redaktion leicht überarbeiteten Statements.
"Nachdem ich 2009 als Zuschauer eine Impro-Theater-Vorstellung gesehen hatte, beschloss ich damit anzufangen."
"Beim Impro-Theater gibt es kein fest vorgeschriebenes Drehbuch. Das Stück entwickelt sich gemeinsam durch die Spieler."
"Ob schüchtern oder extrovertiert, jung oder alt - Impro-Theater eignet sich für alle, die gern lachen und Lust auf Spiel auf der Bühne haben."
"Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Man kreiert gemeinsam Geschichten - das hat etwas Magisches und die Zeit verfliegt einfach nur."
Lampenfieber ist die Aufregung vor einer Aufgabe. Ich werde öfter gefragt, ob ich noch aufgeregt bin vor Shows. Meine Antwort ist "manchmal". Und ich grüble öfter darüber nach, ob das gut oder schlecht ist. Hier einige Überlegungen dazu.
Als Lampenfieber wird eine Form von Anspannung, Nervosität oder Stress vor einem öffentlichen Auftritt bezeichnet. Das trifft sowohl darstellende wie musikalische Kunstformen, Reden vor Publikum - aber auch Prüfungssituationen oder sonstige schwierige Aufgaben. Dabei muß die Erfüllung des selbstgesteckten Ziels besonders wichtig sein. Continue Reading
Ich bin gerade auf dieses Del Close Video von 1986 gestoßen. Der Impro-Visionär spricht über das Impro-Langformat "Harold" und was seine Grundideen sind. Es ist bekannt, das Del Close den Namen "Harold" nicht mochte - das spricht er auch hier an.
Del Close war einer der bedeutensten Köpfe für das moderne Improtheater und hatte großen Einfluß auf die amerikanische Comedykultur. Er schuf unter anderem die berühmteste Impro-Langform - den Harold und ist Co-Author des Buches "Truth in Comedy: Manual of Improvisation" - was sogar eine "Simpsons"-Erwähnung erhielt. Continue Reading
Der "Busby Berkeley" ist eine der möglichen Group Openings der Impro-Langform "Harold". Es ist inspiriert durch die Ästhetik der Symetrie von Filmen Berkeleys. Busby Berkeley ist ein Regisseur und Choreograph der 30er und 40er Jahre. Besonders bekannt wurde er durch seine geometrischen Tanzchoreographien, die er mittels rechtwinkliger Kamerawinkel auch filmisch sehr beeindruckend umsetzte.
Es dreht sich dabei wirklich alles um Symetrie. Die Symetrie kann radial oder axial sein, gern auch in sehr komplexe Formen abwandelt. Es ist eine der möglichen Group Openings des Harold. Symetrie ist relativ einfach umzusetzen. Continue Reading