Im Programm der iO ist um Mitternacht Zeit für unorthodoxe Impro-Formate. Dort zu finden sind die beiden sehr unterschiedlichen Shows Improvised Star Trek und Improvised Scrubs Anatomy. Die beiden jeweils etwa 60 Minuten dauernden Langformen haben TV-Serien als Basis und erzählen Geschichten aus diesem Storyuniversum.
Improvised Star Trek kommt eigentlich aus der Fan Fiction Podcast-Ecke. Sie produzieren 2x im Monat eine Hörspielepisode nach Vorgaben via Facebook und Twitter und werden von der Community wohlwollend aufgenommen. Die Crew der USS Sisyphus um ihren Captain Julius Valentine Baxter kommt mit vorgefertigten Charakteren auf die Bühne und beginnt nach dem Einholen des Titels der Episode vom Publikum im dünn besuchten iO Chicago direkt in das Geschehen einzusteigen. Es orientiert sich sehr stark an der Erzählweise der ältesten Star Trek-Staffeln – Verstrickungen an Bord sowie Geschehnisse auf einem fremden Planeten. Das handwerkliche Spielvermögen der Mitglieder ist recht unterschiedlich. So ist die Spanne von ausgesprochen spielstark – Capitain ist Mitglied bei der Improvised Shakespeare Company – bis zu Improunerfahren. Dieses Ungleichgewicht führt zu einem insgesamt sehr trashigen Bühnenerlebnis – viel Sprechen über die Handlung, wenig auf der Beziehungsebene. Schade.
Improvised Scrubs Anatomy verfolgt einen offeneren Ansatz des Starts in die Geschichte. Die 8 Spieler kommen in Krankenhauskleidung auf die Bühne, die keinerlei Statusinformation enthält. Grundlage sind hier die erfolgreichen Serien Scrubs – Die Anfänger, in der auch einige Szenen improvisiert gedreht werden, sowie Grey’s Anatomy. Es wird ein wenig mit dem Publikum über Krankenhauserlebnisse der letzten Zeit geplaudert. Ein tatsächlich anwesender Arzt liefert das Thema des Abends, ein Drogenschmuggelfund im Körper einer Patentin. Es wird sehr schön mit Elementen der Serien gespielt, Schnitte zu diversen Locations, Splitscreens mit OP und wartenden Angehörigen oder dem Durchbrechen der 4. Wand und direkter Ansprache des Publikums. Und es geht zum größten Teil um die Beziehungen innerhalb des Teams, genau wie es sein soll. Die Akteure spielen wahrhaftig, es kommt Humor, Klamauk wie auch echte Gefühle und Drama vor. Zweimal werden die Szenen von abstrakten Gruppengames unterbrochen – die Anlehnung an das Harold-Format generiert hier neue Ideen, die später aufgegriffen werden. Das Spielniveau ist gut, der Themenkreis Krankenhaus hat sehr viel Potential.