Ich, Mirko ‘macro’ Fichtner bin Grafiker, Frontend-Entwickler und Improtheater-Spieler. Ich gehöre zur Crew der c-base Raumstation und bin Gründungsmitglied der Improbanden.
Zweimal eine runde Bühne bei dem Gang ins klassische Theater. Und das läßt mich auch immer mit einem technischen Auge das Geschehen betrachten. Innerhalb einer Woche war ich in der Schaubühne mit einer halbrunden Bühne (das Bild oben) und Monbijou Theater, die eine zentrale 360-Grad Bühne für Macbeth bespielt haben.
In der halbrunden Schaubühne mit fester Rückwand adressierte Ursina Lardi durch Kopfdrehung immer wieder andere Bereiche des Publikums. Es gab wenig Bewegung, die aber dann von ihr genutzt wurde, mit anderen Publikumssektionen in Kontakt zu kommen.
Anders bei Macbeth, wo die Bühne zentral in der Mitte steht. Hier war der Schlüssel ständige Bewegung. Es gab eigentlich keinen Satz ohne Umherspringen der Akteure. Schöne Möglichkeiten wurde gefunden, das Bühnenkonzept zu nutzen: Rundläufe mit Monologen, symmetrische Schreittänze und Wiederholen von Aktionen zur anderen Seite um den Komik zu erzeugen. Und es wurde viel Blickkontakt von den Schauspieler*innen zu den Zuschauer*innen gesucht. Ebenso wurde der Zuschauerraum mitbespielt und damit die Distanz aufgelöst.
Einen runden Bühnenraum forderte schon Antonin Artaud 1932 in seinem Manifest:
"Wir schaffen Bühne wie Zuschauerraum ab. Sie werden ersetzt durch eine Art von einzigem Ort ohne Abzäunung oder Barriere irgendwelcher Art, und dieser wird zum Theater der Aktion schlechthin. Zwischen Zuschauer und Schauspiel, zwischen Schauspieler und Zuschauer wird wieder eine direkte Verbindung geschaffen werden, denn der im Zentrum der Handlung befindliche Zuschauer wird von ihr umhüllt und durchzogen. Diese Umhüllung rührt von der Gestalt des Zuschauerraums her."
Blickkontakt zum Publikum kann trainiert werden. Eine schöne Methode ist folgende: ein* Spieler*in hält einen Monolog. Die Zuschauer beginnen immer dann langsam den Arm zu heben, wenn sie sich nicht angesehen fühlen. Es soll möglichst kein Arm ganz oben sein. Das artet schnell in Stress aus, ist aber enorm hilfreich. Und für mich als Zuschauender wurde es noch klarer, das mich so ein Blickkontakt wirklich abholt. Denn ein Monolog ist immer ein Blick in die Seele - und das geht mit den Augen am besten.
Thomas Jäkel und ich haben uns in der Juliausgabe den Theaterferien gewidmet. Machen die überhaupt Sinn für die freie Szene? Wohin könnte ausgewichen werden und was gibt es an Open Air Theaterplätzen in der Hauptstadt. Und natürlich gab es unseren Rückblick und Tipps für den kommenden Monat - hört selbst.
Download-Seite mit verschiedenen Formaten: https://archive.org
Hier sind Links zu unseren Themen:
Foto der Konzertmuschel Ahlbeck: Stephan Ruttloff, CC BY 2.0
Ab Juli 2017 immer am 1. Dienstag des Monats
Nächste Sendung: Dienstag, 1. August 2017 18 - 19 Uhr
Colaboradio im Pi Radio-Verbund
Berlin UKW 88,4 MHz und Potsdam UKW 90.7 MHz
Stream: colaboradio.de
Ihr findet uns auf Facebook facebook.com/HerzblutFreieSzene
Am 20.6.2017 hatten wir die Regisseurin Susanne Chrudina zu Gast. Sie ist ein Gründungsmitglied des LAFT Berlin – Landesverband freie darstellende Künste Berlin e.V. und war in diesem Jahr für die Leitung Programm-Koordination Offene Einreichungen beim Performing Arts Festival Berlin zuständig. So plauderten wir - Thomas Jäkel und Mirko 'Macro' Fichtner über das gerade zurückliegende Festival und Ziele und Zweck des LAFT.
Download-Seite mit verschiedenen Formaten: https://archive.org/details/herzblut_freie_szene
Achtung - Wir wechseln den Sendeplatz: Ab Juli immer am 1. Dienstag des Monats
Nächste Sendung: Dienstag, 4. Juli 2017 18 - 19 Uhr
Colaboradio im Pi Radio-Verbund
Berlin UKW 88,4 MHz und Potsdam UKW 90.7 MHz
Stream: colaboradio.de
Die Berliner Runde - Herzblut Freie Szene vom 16. Mai 2017 auf Colaboradio im Pi Radio Verbund. Diesmal vorproduziert unterhalte ich mich mit Thomas Jäkel über Theater-Festivals. Warum überhaupt Festivals veranstalten und was machen gute Theater-Festivals aus. Das Zitat von Jim Libby: "Festivals sind die Kongresse für uns" trifft unsere Auffassung präzise. Wie bedeutsam ist Austausch und warum ist colaboratives arbeiten ein Gewinn für alle.
Im Rückblick auf den Monat April berichten wir über unsere Eindrücke von dem sehr schönen Berliner Impro Marathon in der Brotfabrik Berlin.
Der Ausblick auf den kommenden Monat. Was interessiert uns an Veranstaltungen der Freien Szene in Berlin:
- Berliner Theatertreffen
- Am I Dead Yet? im English Theatre
- EVERY BODY - Ein körperpositives Tanzfestival in den SOPHIENSÆLEN
- »human requiem« mit Compagnie Sasha Waltz & Guests + Rundfunkchor Berlin im Radialsystem V
- The AE – Guidance For An Extreme Present im Ballhaus Ost
- Performing Arts Festival Berlin
- Good By Lenin! - Ein Theater Kino Event
- Architektur des Konsums vom Theater ohne Probe in der Brotfabrik.
Feedback kann gern hier im Blog hinterlassen werden. Hinweise, was in der Freien Szene Berlins interessant sein könnte, erreichen uns E-Mails unter herzblut@hybr.de.
Berliner Runde - Herzblut Freie Szene wird an jedem 3. Dienstag des Monats von 18:00 - 19:00 ausgestrahlt auf UKW 88.4 MHz in Berlin, 90.7 MHz in Potsdam und im Stream auf Colaboradio oder piradio.de.
Eine der grundlegenden Stilmittel beim Improtheater ist das agieren Zug um Zug - ein Schritt nach dem nächsten und immer abwechselnd. Ob Streit oder konfliktfreie Szene, die Anteile sind in etwa ausgewogen, die Sprache bezieht sich aufeinander. Aber es gibt da natürlich mehr.
Zwei Genre, die in letzter Zeit besser kennenlernte, tretem dem entgegen und überraschten mich. Denn ich hatte die Infragestellung dieses Kommunikationsverhaltens bisher gar nicht in Erwägung gezogen. Und doch stellen sie sehr effektive Wege da, Spannung und dramatische Momente zu entwickeln.
Der Schwede Lars Norén ist hier nicht so bekannt, in seinem Heimatland gilt sein Name wie ein Gattungsbegriff. Er steht für die dysfunktionale Familie, denn darum drehen sich viele seine Bühnenstücke. Das schwedische Sprichwort "Ich hatte Norén-Feiertage" steht synony für grauenhafte Weihnachten mit der Familie.
Stockholms Improvisationsteater hat Elemente entwickelt, den Stil Noréns in eine Improshow zu bringen - und tuen das seit vielen Jahren regelmäßig. Außerhalb Schwedens nennen sie ihr Format "Stockholm Syndrom". Viel davon geht unseren gelernten Kommunikationsformen entgegen.
Dies sind einige Stilmittel, die Stockholms Improvisationsteater nutzen:
- auf den Gesprächspartner versetzt erst nach 5-6 Sätzen zu reagieren
- 2 Sätze Belanglosigkeiten äußern, der 3 Satz sehr persönlich
- in 3er Szenen eine Person komplett ignorieren
- unerwartet einen Monolog über Belangloses beginnen, und sich ggf. d
- mit plötzlichen drastischen Worten die Aufmerksamkeit erobern
Der Effekt dieser in großer Ruhe gespielten Szenen ist enorm. Es tut als Zuschauer schon fast weh, wie sehr sie aneinander Vorbeikommunizieren und trotzdem die Spannung halten.
Der russische Schriftsteller Anton Pawlowitsch Tschechow hat in seinen Bühnenstücken ebenfalls eine eigenwillige Art der Kommunikation. Für den Berliner Impro Marathon leitete Dan Richter von Foxy Freestyle eine Genre-Show an.
Stilmittel, die wir in der Show verwendet haben:
- das Gegenteil tun von dem was wir sagen ("Wir gehen jetzt hoch" und keine Anstalten machen loszugehen)
- auf den anderen in einer Antwort zwar eingehen, aber letztlich wieder bei der eigenen Ausgangsaussage landen
- viel mehr Raum einnehmen mit einem Monolog und überproportional Zeit beanspruchen
- in einer Szene sein und lange Zeit gar nichts sagen
- in der Vergangenheit schwelgen oder in Zukunftsplänen, aber nie im hier und jetzt sein
Vieles dreht sich bei Tschechow darum, sich eben nicht zu bewegen oder zu verändern. Und dieses Statische hat sowohl Kraft wie auch Humor ... aber auch Längen.
Diese Werkzeuge sind spannend, nicht nur in Genre-Shows. Sie schärfen die Wahrnehmung auf die Form ebenso wie auf den Inhalt. Sie reichern das Repertoir der Möglichkeiten an. Allerdings ist das tatsächlich etwas, was trainiert werden muß - denn sonst fühlt sich das für das ungeübte Improauge wie ein Block an.
Beim Berliner Impro Marathon (BIM) hatte ich die große Freude, ein Genre anleiten zu dürfen. Es sollte eine Stunde im Stil von Game of Thrones werden. Der Cast von 11 Spieler*innen kam aus ganz unterschiedlichen Gruppen, und wir hatten nur einen Trainingstermin davor. Das bedeutet, die Komplexität des Formates stark einzudämmen - eigentlich. Ich wählte allerdings hierfür die Form des Harolds. Und trotz der Herangehensweise weniger Plot zu spielen und sich viel Zeit zu lassen, kommt in einer Stunde schon recht viel an Information zusammen. Dazu lief das Format in Stunde 8 des Marathons von 1 bis 2 Uhr nachts - und das ist dann schon in dem Bereich, wo volle Konzentration nicht das leichteste ist.
So trafen wir die Entscheidung, ein wenig den Plots mitzuschreiben - Namen, Orte und ggf. signifikante Punkte des jeweiligen Erzählstranges. Es kann sehr kurz sein, das reicht zum Erinnern. Und ich spielte ja auch mit, so das ich das zeitökonomisch handhaben wollte. Große Schrift ist übrigens hilfreich.
Wir stellten die Tafel sichtbar und transparent für die Zuschauer an den Bühnenhintergrund. Damit lenkte es weniger ab, denn sie mußten sich nicht fragen, was da jemand schreibt. Das half in der Tat sehr, die einzelnen Fäden zusammenzuhalten. Das Spiel wurde im vergleich zur Probe sichtbar flüssiger.
Sicher kann es auch trainiert werden, sich alles zu merken. Nach der Ausbildung am iO fällt mir das nicht mehr so schwer, denn dort ist das ein zentraler Punkt. Ich finde es auch für kontrolliertere Umstände als jetzt beim BIM durchaus probat, sich dieses Hilfsmittels zu bedienen. Denn wenn diese Merkhilfe mit dem Publikum geteilt ist, profitieren beide Seiten davon.
Foto: Dominik Schaefer
Sendung 002 der Berliner Runde - Herzblut Freie Szene vom 18.4.2017 auf Coloaboradio im PI Radio-Verbund. Wir sprechen über 5. Berliner Impro Marathon (BIM). Unser Gast Claudia Hoppe ist Teil des Orgateams des BIM. Wir reden über die Ziele, das Programm und mehr. #5BIM
Des weiteren gibt es jetzt die neuen Rubriken Rückschau - was haben wir gesehen - und Vorschau auf Events in der performativen Freien Szene Berlins.
Die Berliner Runde - Herzblut Freie Szene mit Thomas Jäkel, macro und Gästen sendet an jedem 3. Dienstag des Monats von 18:00- 19:00 auf UKW 88.4 MHz in Berlin, 90.7 MHz in Potsdam und im Stream auf colaboradio.de.
Feedback kann gern hier im Blog hinterlassen werden. Wenn es Hinweise gibt, was in der Freien Szene Berlins interessant sein könnte, erreichen uns E-Mails unter herzblut@hybr.de.
Am 21.3.2017 beginnt ein neues Radioprojekt. An jedem 3. Dienstag des Monats senden Thomas Jäkel und ich die "Berliner Runde - Herzblut Freie Szene" auf Colaboradio. Die von verschiedenen Sendern produzierte Sendereihe wird täglich von 18 - 19 Uhr ausgestrahlt. Ihr könnt sie empfangen auf 88.4 MHz in Berlin, 90.7 MHz in Potsdam oder im Stream auf colaboradio.de.
Der Untertitel der Sendereihe ist "talky. contemporary. berlinish.". Wir widmen uns bei Herzblut Freie Szene den performativen Künsten Berlins. Dazu zählen Theater, Tanz, Musik, Performances und alles, was live entsteht. Dazu laden wir uns jeweils einen Gast ein, um ausführlich über aktuelle Themen aus dem Bereich zu plaudern.
In unserer ersten Sendung hatten wir Niels Förster im Soundlab der c-base dabei. Er ist künstlerischer Leiter der Brotfabrik Bühne und freier Theatermacher. Wir sprachen erst ein wenig über unser neues Sendekonzept um uns dann der Frage zu nähern, was die Freien Szene überhaupt ist und was sie ausmacht. Hier könnt ihr die Sendung anhören:
https://ia801504.us.archive.org/21/items/berliner-runde_herzb/berliner-runde_herzblut_001_freie-szene.ogg
Viel Spaß und wir freuen uns über Feedback.
Das c-atre collectivdrama hat vor 14 Tagen erfolgreich die dritte Produktion gestemmt: "Ein Cybernachtstraum". Inzwischen sind da etwa 20 Personen involviert, die alle auf ein Ziel hinarbeiten. Und so schön wie die Aufführung sollte nun auch die Webseite werden. Und das ist das Ergebnis: https://c-atre.de/.
Die Idee hier ist eine eher neutrale Fläche zu bieten, denn die einzelnen Stücke kommen jeweils auch noch mit eigener Gestaltung. Es liegt ein Wordpress dahinter, ein sehr einaches Foundation-basiertes Childtheme und Cornerstone als Pagebuilder. Das ist inzwischen mein persönliches Lieblingssetup für Wordpress.
Das c-atre existiert seit 2012 - mit Pausen. Und in der Zeit und die vielen aktiven Organisator*innen kommt ein beachtlicher Output zustande, der auch gut in der Webseite sichtbar ist. Und so ist eine Webseite einer freien Gruppe natürlich immer ein Blick auf das Team. Dieses Projekt verbindet 3 meiner Leidenschaften: Theater, Science Fiction und Nachhaltigkeit durch freien Zugriff auf Information. Ich bin sehr froh, zu dieser tollen Gruppe Menschen zu gehören.
Das c-atre collectivdrama hat ihre dritte Theaterproduktion angekündigt: Ein Cybernachtstraum. Vom 23.-25. Februar 2017 finden die ersten Aufführungen in der c-base statt. Wie schon in den beiden Produktionen zuvor ist das Stück im Science Fiction Genre unter Creative Commons Lizenz.
Die Story-Outline entwickelte Jasper Nicolaisen nach einem Brainstorming mit allen Schauspielern. Unter anderem wurde Grundthema, das Genre und die Anzahl der Spieler besprochen. Nachdem dann stichpunktartig die Charaktere und Szenenabläufe standen, begannen wir die einzelnen Szenen zu improvisieren. Die Impros schnitten wir per Video mit. Zusammen mit Josefine Matthey schrieben wir daraus das erste Script in einem Google Doc, das dann kollaborativ von allen diskutiert und weiterentwickelt wurde. Dieses Vorgehen haben wir in den drei Stücken benutzt und inzwischen da auch einen Weg gefunden, der funktioniert. Dennoch war der Prozess des Schreibens langwieriger als vermutet.
Aktuell sind wir in der heißen Probenphase. Parralel entsteht Musik, Kostüme, Maskenplanung und Bühnenbild. Diesmal haben wir auf eine breitere Gewichtung geachtet, um nicht wenige an den Rand eines Burnouts zu bringen. Trotzdem ist das unterfangen sehr aufwändig. und ich hoffe, das wird am Ende sichtbar.
Ihr könnt euch hier Karten für Vorstellung 2 und 3 reservieren. Eintritt ist frei, wir hoffen auf Spenden, um die Ausgaben für das Stück und Proberäume zu decken. Aber vom allgemeinen Feedback habe ich viel Vertrauen, das das gelingen wird.